Intelligenzformen

Intelligenzformen ganzheitlich fördern

Zeitgemäße Bildung bedeutet für uns, die verschiedenen Dimensionen des Menschseins zu fordern und zu fördern. Dazu zählen neben unseren Talenten oder Persönlichkeitsmerkmalen auch unsere verschiedenen Intelligenzen. Jeder Mensch verfügt über sie und trotzdem werden viele davon von Bildungseinrichtungen, Wissenschaft, Politik und Arbeitgebern nicht berücksichtigt. Daher möchten wir in diesem Artikel ein Licht auf das breite, menschliche Leistungsspektrum richten.

Was ist eigentlich Intelligenz? So wirklich einig sind sich Wissenschaftler bezüglich einer exakten Definition nicht. Man geht aber davon aus, dass Intelligenz vor allem mit Menschen assoziiert wird, die eine schnelle Auffassungsgabe sowie eine rasche, situative Problemlösekompetenz besitzen. Somit beschreibt Intelligenz eher eine Fähigkeit und weniger das Ergebnis eines IQ-Tests, der in den meisten Fällen nur einen kleinen Prozentsatz der existierenden Intelligenzformen abfragt. In der Psychologie dient Intelligenz als Sammelbegriff für die kognitive Leistungsfähigkeit der Menschen.

Ob es eine, zwei oder gleich mehrere Intelligenzformen gibt, mag für viele Menschen zunächst unwichtig erscheinen. Doch gerade für Bildungsförderer, wie Lehrer, Ausbilder, Eltern, Erzieher, Professoren usw. ist das Bewusstsein über die verschiedenen Intelligenzformen und wie man diese gezielt trainieren kann, enorm wichtig.

In den 1980er Jahren prägte der US-amerikanischen Erziehungswissenschafter Howard Gardner, Professor für Kognition und Pädagogik an der Harvard Graduate School of Education, die Theorie der multiplen Intelligenzen. Damit erweiterte er das Verständnis von Intelligenz und klassischen Intelligenztests, die sich stark auf logische Zusammenhänge, mathematische Kenntnisse und sprachliche Fähigkeiten beschränken. Gardner’s neun Intelligenzformen beinhalten (Quelle: Stangl, W. (2019). Modell der multiplen Intelligenz nach Gardner. Werner Stangls Psychologie News.):

Sprachliche und linguistische Intelligenz
Die Fähigkeit Sprache treffsicher einzusetzen, eigene Gedanken auszudrücken und zu reflektieren, aber auch die Fähigkeit andere zu verstehen.

Musikalische Intelligenz
Die Fähigkeit, Musik zu komponieren und aufzuführen; ein besonderes Gespür für Intonation, Rhythmik und Klang, aber auch ein subtiles Gehör dafür.

Logisch-mathematische Intelligenz
Die Fähigkeit, mit Beweisketten umzugehen. aber auch durch Abstraktionen Ähnlichkeiten zwischen Dingen zu erkennen, mit Zahlen, Mengen und mentalen Operationen umzugehen.

Räumlich-bildliche Intelligenz
Die Fähigkeit, die sichtbare Welt akkurat wahrzunehmen, Wahrnehmungsresultate zu transformieren und abzuwandeln sowie visuelle Erfahrungen selbst in Abwesenheit physikalischer Reize nachzuschaffen.

Körperlich-kinästhetische Intelligenz
Die Beherrschung, Kontrolle und Koordination des Körpers und einzelner Körperteile.

Intrapersonale Intelligenz
Impulse kontrollieren, eigene Grenzen kennen und mit den eigenen Gefühlen klug umgehen.

Interpersonale Intelligenz
Die Fähigkeit, andere Menschen zu verstehen und mit ihnen einfühlsam zu kommunizieren.

Naturalistische Intelligenz
Die Fähigkeit, Lebendiges zu beobachten, zu unterscheiden und zu erkennen, sowie die Sensibilität für Naturphänomene .

Existentielle Intelligenz
Potentielle Intelligenz , die das Erfassen und Durchdenken von grundlegenden Fragen der Existenz erlaubt.

Laut Gardner verfügt jeder Mensch über alle neun Intelligenzen, die lediglich in ihrer Ausprägung variieren. Somit sollte man Intelligenzformen nie isoliert testen, sondern stets als sich ergänzendes Gesamtbild betrachten. Andere Wissenschaftler kritisieren Gardner’s Theorie als zu „breit“ gefasst. Ihrer Meinung nach handelt es sich bei den genannten „Intelligenzformen“ eher um Talente und  Fähigkeiten, die man sich durch Übung aneignen kann.

Inwiefern Intelligenz erlern- bzw. beeinflussbar ist, erklärt die Zweikomponententheorie von Raymond Cattell. Sie besagt, dass sich menschliche Intelligenz in zwei Bereiche unterteilen lässt:

Fluide Intelligenz
Beschreibt die Lern- und Denkfähigkeit eines Menschen. Dazu zählen die (geistige) Flexibilität, logisches Denkvermögen, Lerntempo, Kreativität und Problemlösungskompetenzen.

Kristalline Intelligenz
Beschreibt das Faktenwissen, das man sich im Laufe des Lebens aneignet. Dazu zählen die Schulbildung, Allgemeinwissen und der Wortschatz ebenso wie Erfahrungen, Erinnerungen und Menschenkenntnis.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass mit zunehmendem Lebensalter die fluide Intelligenz abnimmt bzw. stagniert, während die kristalline Intelligenz eher zunimmt. Diese Tendenzen stellen die beiden Intelligenzbereiche lediglich in Relation, sagen jedoch nichts über deren absolute Entwicklung aus. Somit besteht sowohl bei der fluiden, als auch bei der kristallinen Intelligenz die Möglichkeit des Wachstums durch gezieltes Training.

Besondere Aufmerksamkeit galt in den letzten Jahren der emotionalen Intelligenz, die sich vor allem aus der intra- und unterpersonalen Intelligenz (s.o.) ergibt. Emotionale Intelligenz beschreibt die Fähigkeit eigene und fremde Gefühle wahrzunehmen, zu verstehen und damit umgehen, bzw. angemessen darauf reagieren zu können. Wichtige Kompetenzen und Ausdruck emotionaler Intelligenz sind beispielsweise: Selbstwahrnehmung, Empathie, emotionale Selbstkontrolle, Konfliktmanagement sowie Anpassungsfähigkeit. Ein hoher EQ würde demnach für emotionale Stärke und innere Widerstandsfähigkeit (Resilienz) stehen. Diese Art von Soft Skills wird heutzutage als wichtiges Kriterium bei der Personalsuche herangezogen. Die Begründung? Fachwissen und Fähigkeiten können (schnell) erlernt werden, Wesensmerkmale hingegen nicht.

Neben genannten Theorien gibt es eine Reihe weiterer Intelligenzmodelle, die versuchen das enorme Leistungsspektrum des Menschen bestmöglich abzubilden. Unabhängig davon, welches dieser Modelle am ehesten der „Realität“ entspricht, wird eine Sache stark verdeutlicht: Wir Menschen haben alle ein unerschöpfliches, facettenreiches Potenzial, das in uns schlummert. Dieses zu entdecken und mit einer positiven Intention für sich und seine Umwelt zu nutzen, ist unsere Vorstellung von zeitgemäßer Bildung.

Unsere Projektarbeit soll Kindern und Jugendlichen dabei helfen, sich selbst zu ergründen und dadurch ihre innere Stärke zum Vorschein zu bringen. Jeder hat diese Stärke bereits in sich, doch manchmal bedarf es einer kleinen Hilfestellung, das zu erkennen und für sich zu nutzen.

Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Intelligenzen verdeutlicht, dass sich Menschen nicht auf einzelne „Intelligenz-Labels“ reduzieren lassen – dafür sind wir viel zu komplexe Wesen. Stattdessen ist es hilfreich unterschiedliche Intelligenzausprägungen sinnvoll zu ergänzen.

Sich weiterzuentwickeln bedeutet für uns,  Stärken natürlich sowie spielerisch zu fördern, aber auch, andere Facetten an sich zu entdecken und diesen den Raum für Wachstum zu geben.

 

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